Terceira

 

Die Reise begann um 1 Uhr in der Nacht. Vielleicht hätte ich nicht den Flug um 6 Uhr morgens nehmen sollen. Aber wenn die Vorfreude einen eh nicht mehr schlafen lässt und man dem Neuen entgegenfiebert, dann stören einen die nächtlichen Zeiten nicht. Und wer früh losfliegt, der hat noch etwas vom Tag. Dass ich 8 Stunden später bei Regen landete, dämpfte die Vorfreude auf meinen Wanderurlaub etwas. Doch da kannte ich das Wetter auf den Azoren auch noch nicht. Denn als ich mein Gepäck regensicher gemacht hatte, hatte es auch schon wieder aufgehört.

Es war der Tag der Erstkontakte: verlassene Häuser, bunte Bauten, Kirchen und Einheimische, die einen, ohne dass man ein Zeichen gegeben hat, im Auto mitnehmen und eine Stadtführung drauflegen. So kam ich relativ schnell zum ersten idyllischen Campingplatz, der direkt an einem (wie sich später zeigte) überall zu findenden Naturschwimmbad lag. Nicht genug der Erstkontakte: Ein weiterer Begleiter meiner Reise sollte der Cagarro (dt. Gelbschnabelsturmtaucher, Verwandter der Albatrosse) mit seinem ganz eigenen nächtlichen Gesang sein.

 

Am nächsten Tag ging es mit dem zufällig erwischten Bus nach Angra do Heroismo (kurz: Angra), der Hauptstadt Terceiras und zweitschönsten Stadt des gesamten Archipels. Neben einem sehenswerten Stadtstrand verfügt die Stadt über verschiedenste Kirchen und Bauten und mehrere Aussichtspunkte, die selbst bei mäßigem Wetter zeigen, dass Angra eine kleine, aber schöne Stadt ist. Dies sollte sich 32 Tage später erneut zeigen.

Doch an diesem Tag zog es mich weiter, sodass ich mit dem Bus nach Cinco Ribeiras fuhr, um mein Nachtlager aufzuschlagen und ein erfrischendes Bad im Atlantik zu nehmen.

 

Die nächsten Tage sollte der Urlaub so richtig beginnen. Nicht umsonst hatte ich mir neue Wanderschuhe zugelegt. Und auf dem nächsten Abschnitt wies mein Reiseführer einen Weg zu einem versteckt liegenden See aus. Leider vergaß mich der Busfahrer und ließ mich viel zu spät raus. Doch mit Hilfe der Einheimischen kam ich die 10 Kilometer schnell wieder zurück. Auch danach zeigte sich die Hilfsbereitschaft, denn ich durfte meinen Reiserucksack im Garten eines alten Ehepaares unterstellen, um ihn nicht mitnehmen zu müssen. Da sie kein englisch und ich kein portugiesisch beherrschten, unterhielten wir uns mit Händen, Füßen und einem breiten Lächeln. Dass ich anschließend die Abzweigung zu dem See verpasste, passte zur Wanderung. Denn auch der anschließend besuchte Leuchtturm enttäuschte mich. Somit ging es nach Biscoitos zum Campingplatz, wo ich Theresa und Johanna kennenlernte. Da wir für den nächsten Tag das Inland, das die eigentlichen Highlights Terceiras beherbergt, auf dem Plan hatten, beschlossen wir, dies zusammen in Angriff zu nehmen. So machten wir uns zu dritt auf die Lavaröhren-Wanderung, zu den dampfenden Felsspalten der Furnas do Enxofre und zur Algar do Carvao, dem begehbaren Vulkanschlot, wobei dieser wirklich überzeugte, nicht zuletzt, weil man sonst nur auf Island und Indonesien einen solchen Schlot besichtigen kann. Die Gruta do Natal, die die Erweiterung der Lavaröhren-Wanderung ist, lohnt hingegen weniger. Doch die gemeinsame Wanderung zurück nach Biscoitos entschädigte durch die Hortensien und die vielfältigen Düfte für die Enttäuschung.

 

Manchmal erwischt man einen gebrauchten Tag. Doch von Anfang an. Ich hatte einen Ausflug zum Lagoa da Fajanzinha geplant, doch ich verpasste den Bus, weil ich an der falschen Stelle stand. Als Ausgleich ging es über Stock und Stein zur Bergkirche Simao, um anschließend von dort per Bus zum Alagoa da Fajazinha zu gelangen. Doch kurz nach dem Aussteigen merkte ich, dass ich meinen Hut, mein wohl wichtigstes Wanderutensil, im Bus vergessen hatte. Glücklicherweise war es ein wolkiger Tag, nichtsdestotrotz beeilte ich mich auf der Wanderung. Zurück nach Biscoitos gelangte ich per Anhalter. Bereits das zweite Auto hielt. Somit hatte ich genug Zeit, Mittag zu essen, einzukaufen und auf die Rückkehr des Busses zu warten. Als der Bus dann endlich kam und der Busfahrer mich sah, wedelte er schon mit meinem Hut. In solchen Momenten könnte ich vor Glück weinen. In anderen ... nicht. Am nächsten Tag bekam ich die Nachricht, dass mein Weiterflug von 17 auf 22 Uhr verschoben wurde. Somit hatte ich mehr Zeit, Biscoitos zu erkunden, das Weinmuseum zu besuchen und die nächtliche Ankunft auf Faial zu planen. Genaues Planen fällt manchmal schwer.

 

28 days later! Auf Campingplätzen wiedererkannt zu werden, ist selten. Umso überraschter war ich, dass dies passierte und ich freudig begrüßt wurde, als ich die Rezeption betrat. Heimkehr ist das falsche Wort, doch es war die Rückkehr in eine vertraute Umgebung. Selbst die Eidechsen schienen sch zu erinnern und benutzen mich als Klettergerüst.

Am letzten Tag sollte es nochmal nach Angra geben, da mich der Monte Brasil noch reizte. Es stellte sich hierbei heraus, dass es kein einzelner Berg ist, sondern ein Krater, der mehrere Gipfel besitzt. Um die Rundtour zu machen, muss man den Plan genau studieren, da es viele Abzweigungen gibt. Es lohnte sich jedoch, zumal das Wetter noch einmal alles aufbot, was einen guten Tag ausmacht. Bereits in Wolken war Angra ansehnlich, doch in vollem Licht lässt es keinen Zweifel daran, die unangefochtene Nummer Zwei des Archipels zu sein.

 

Kommentare: 0