Flores

 

Flores ist bekannt für seine Wanderwege. Besonders der Westküstenwanderweg wird vielfach gelobt. Aus diesem Grund bezog ich Quartier in Faja Grande, das den Ausgangspunkt an der Westküste bilden sollte. Jedoch startete der erste Tag grau, wolkig und mit vereinzelten Schauern, was die anstehende Wanderung zweifelhaft erscheinen ließ. Doch da ich nichts Besseres zu tun hatte, ging ich los. Die Wanderung Richtung Süden bot bei aufklarendem Wetter einige schöne Ausblicke auf versteckte Dörfer, verlassene Ortschaften und Küstenabschnitte. Auch traf ich hier zum ersten Mal auf Johanna, Micha und Sophia, die von nun an immer wieder meinen Weg kreuzten - zu meiner Freude! Doch den Höhepunkt des Tages bildete der Poco da Alagoinha, der wohl schönste Platz der Azoren. Wenn man nur einen Tag auf Flores haben sollte, kann man ihn ruhig hier verbringen.

 

Der zweite Teil der Westküstenwanderung führt nach Norden. Auch an diesem Tag war das Wetter eher wechselhaft, der Boden rutschig. Doch daran lag es nicht, dass ich im nebligen und wolkigen Hochland gestürzt bin. Ich kann mich an eine andere Wanderung erinnern, bei der ich mir bei einem ähnlichen Sturz die Schulter ausgekugelt habe. Auch dass mein Kopf zwischen die Steine und nicht darauf geknallt ist, ist ein glücklicher Umstand gewesen. Und wofür? Die letzte Stunde der Wanderung führt über Asphalt nach Ponta Delgada, einen Ort, der nicht zwangsläufig besucht werden muss. Wer vor den Toren der Stadt den Leuchtturm mit Ausblick auf Corvo erreicht hat, kann guten Gewissens den Rückweg antreten. Und wer sich eine Jahreszeit aussucht, in der die Flüsse Wasser führen und die Blumen überall blühen, wird seine Freude an dieser Wanderung haben.

 

Tag 3 auf Flores war wohl der ereignisreichste meiner gesamten Reise und ein Paradebeispiel für das Thema Zufall. Aber ich möchte vorn beginnen. Die Nacht war regnerisch, der Tag begann kühl und stürmisch. Beim Aufstieg zu den Inlandseen kam mehrfach die Regenjacke zuum Einsatz. Die ersten drei Seen erreichte ich vormittags, als es noch wolkig war. Doch bereits bei den Seen vier und fünf schien die Sonne. Ich sah die Seen aber nur aus einiger Entfernung, da ich einen weniger richtigen Weg eingeschlagen hatte. Aber Schicksal, Zufall oder mein Bauchgefühl taten das Richtige. Denn anstatt zu den Seen zu gehen, um sie genauer zu betrachten, ging ich bergab, um zu den Aussichtspunkten und den Basaltsäulen zu gelangen. An einem Wasserfall auf dem Weg dazwischen traf ich auf Bruna und Alessandro, mit denen ich kurz über die ND-Fotografie sprechen durfte, bevor sich unsere Wege wieder trennten - vorerst. Denn bereits am nächsten Ausguck, den sie per Auto, ich zu Fuß erreichte, trafen wir uns wieder, woraufhin sie mir anboten mich mitzunehmen. Unterwegs erzählten sie mir von ihrer Hiotelanlage, die ein ehemaliges Dorf war, das nun liebevoll restauriert worden ist. Außerdem erzählten sie mir, dass sie am Tag davor ihre Drone am Poco da Alagoinha verloren haben. Wir stoppten beim Hotel, weil ich es fotografieren wollte. Wieder trennten sich unsere Wege - vorerst. Da ich damit früh fertig war und mittlerweile perfektes Wetter herrschte, ging ich zurück zum Wasserfall-See. Auf dem Weg dorthin traf ich auf amerikanische Bekannte, mit denen ich mich ausführlich unterhielt. So kam es, dass ich kurz nach der Ankunft am See die einzige Person war - neben einem Parkangestellten. Dieser bot sich an, mich direkt zum Wasserfall zu führen, auf Pfaden, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob er Hintergedanken hatte. Egal, die Aussicht lohnte. Vor allem weil wir auf dem Rückweg ein kleines, blaues Fluggerät entdeckten, das in diesem unzugänglichen Bereich lag. Ich nahm es an mich, um es später ins Hotel zu bringen. Als ich dort die Situation erklärte, wurden Bruna und Alessandro gerufen. Somit sah ich sie ein drittes Mal und ihre Freude war groß. Denn es war tatsächlich ihre Drone, die ich aufgrund einer Verkettung von Zufällen zu ihnen zurückbringen konnte. Ich feierte diesen Tag mit einem der besten Fischgerichte, das ich jemals gegessen habe.

 

Vieles habe ich schon gesehen auf Flores, doch die Ostküste fehlte mir noch. Darum bin ich mt dem Bus quer über die Insel gefahren und von Santa Cruz aus losgewandert. Ziel war die Strecke gen Norden, da sie vielversprechend klang. So kam es, dass ich ein Foto machte, dass sich erst bei der Rückkehr als genialer Zufallstreffer entpuppte: Der Regenbogen hinter der Igreja Nossa Senhora de Lurdes, dem Schloss Neuschwanstein Fazenda de Santa Cruz'. Er ist mir beim Fotografieren nicht aufgefallen, da ich mich auf die Kirche konzentriert habe. Doch das eigentliche Ziel des Tages war ein Picknickplatz wenige Kilometer weiter, der sich als wohl bester Campingplatz der Azoren herausstellte. Die Aussicht ist stark. Und wenn man dann, wie David und seine Freundin (Schweizer, die ich quasi jeden Tag auf Flores getroffen habe), allein dort übernachtet, ist es ein bestimmt unvergesslicher Moment. Zurück ging es per Anhalter, wobei ich wieder bei den Inlandseen landete, von wo aus ich heim wanderte, auch wenn die Wolken über dem Hochland hingen. Am nächsten Tag sollte die Reise schon weitergehen. Corvo rief. Und alles, was ich noch nicht gesehen hatte, war das wenig sehenswerte Santa Cruz. Doch die zwei Stunden Wartezeit vor dem Flug reichten aus für einen Stradtrundgang.

 

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